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Multi Channel Attribution: Mehr Umsätze durch die Betrachtung der Customer Journey

Von
Simon Marqua
02.04.2016
Lesedauer: 7 min
Multi Channel Attribution: Mehr Umsätze durch die Betrachtung der Customer Journey

Die im Artikel Conversion Attribution beschriebenen Beschränkungen der Last-Click Attribution haben zur Entwicklung neuer Modelle geführt, die der Anforderung näher kommen, herauszufinden, welche Anzeigen in welchen Kanälen Einfluss auf die Kaufentschei­dung des Benutzers haben. Die Möglichkeiten dieser sogenannten Multi Channel Attribution (synonym auch Multi-Touch-, Marketing- oder Weighted Attribution) werden nachfolgend erläutert.

Mehr Umsätze durch Multi Channel Attribution

Vorteile von Multi Channel Attribution

Um das Problem der Single Channel Attribution zu lösen, müssen Conversions aufgeteilt und prozentual auf mehrere Interaktionspunkte während der Customer Journey verteilt werden. Zu diesem Zweck wurden sowohl statische als auch algorithmische Attributionsmodelle entwickelt. Diese versuchen mit verschiedenen Ansätzen zu beurteilen, welchen Beitrag ein Kanal tatsächlich geleistet hat. Durch Multi-Channel Attribution ergeben sich für den Werbetreibenden unter anderem die folgende Vorteile:

  1. Eine genauere Darstellung der Kampagnenleistung
  2. Die zuverlässigere Identifizierung nicht rentabler Kampagnen
  3. Es wird vermieden, Budget für effiziente Kampagnen fälschlich zu kürzen
  4. Eine größere Sicherheit bei der Entscheidungsfindung

Dazu kommt, dass Kampagnen und Werbemittel, die innerhalb der Customer Journey zu einem früheren Zeitpunkt auftreten, häufig unterschätzt werden und durch den geringeren Wettbewerb kostengünstiger sind. Der Werbetreibende kann sich an dieser Stelle einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Verbreitung von Multi Channel Attribution

Trotz des hohen Stellenwertes, den Online Marketing inzwischen genießt, haben die meisten Unternehmen und Agenturen noch immer kein entsprechendes Modell implementiert. In einer Studie von Forrester Research ergab eine Befragung von 275 Entscheidungsträgern, dass gerade einmal 31% eine kanalübergreifende Attribution verwenden. 52% hingegen bestätigten, dass das investierte Marketingbudget auf diese Weise effektiver genutzt werden könnte.

Als die größten Barrieren für die Verbreitung ergeben sich laut einer eConsultancy Umfrage die folgenden:

  1. fehlende Priorisierung
  2. Unsicherheit bei der Auswahl der zu verwendenden Methode
  3. Ein zu schlechtes Verständnis für die sich daraus ergebenden Vorteile

Die Punkte (1) und (3) begünstigen sich gegenseitig: Es werden weder Zeit noch Geld in den notwendigen technischen und strukturellen Ausbau investiert, solange Vorteile durch die Implementierung nicht belegt werden können. Die entstehenden Vorteile sind jedoch erst nach der Investition messbar.

Außerdem bestehen unterschiedliche Motivationen für die Werbeplattform und den Werbetreibenden. Während Werbeplattformen den über die Werbeinnahmen entstehenden Umsatz maximieren wollen, möchten Werbetreibende ihre Conversion Kosten minimieren. Das Interesse einer Werbeplattform, die Transparenz und damit die Effizienz der Anzeigen ihrer Kunden über einen gewissen Grad hinaus zu steigern, ist daher unter Umständen nicht sehr groß.

Statische Attributionsmodelle

Die gängige Methode, ein Multi-Channel Attributionsmodell zu implementieren, ist die Verwendung einer statischen oder auch regelbasierten Attribution. Der Implementierungsaufwand ist im Verhältnis zu algorithmischen Attributionsmodellen gering und auch der Aspekt der „einfachen Verständlichkeit“ ist gegeben.

Die Vorgehensweise ist bei allen Modellen vergleichbar: Alle Interaktionen eines Nutzers werden auf eine Zeitleiste gelegt, hierdurch ergibt sich die Customer Journey. Ausschlaggebend für den Conversion-Beitrag, der einem Kanal zugewiesen wird, ist der Zeitpunkt der Interaktion: Je nach verwendetem Modell werden frühere oder spätere Interaktionen stärker bewertet. Nachfolgend werden die gängigsten Attributionsmodelle vorgestellt.

1. Last-Click Attribution

Last Click AttributionDie bereits erwähnte Last-Click Attribution lässt sich ebenfalls als statisches Modell bezeichnen. Die gesamte Conversion wird dem Kanal zugewiesen, der die letzte Interaktion ausgelöst hat. Hier handelt es sich um das meistverwendete Attributionsmodell. Bei fast allen Web-Analyse Tools wird diese Methode standardmäßig verwendet.

Das Web-Analyse Tool Google Analytics verwendet in seinem Web-Interface den sog. Last Non-Direct Click. Das bedeutet, das Conversions der letzten Interaktion zugeordnet werden, die kein Direktzugriff war. Nur dann, wenn es in der Customer Journey ausschließlich Direktzugriffe gibt, wird die Conversion auch dieser Quelle zugeordnet.

Google Ads (ehemals AdWords) verwendet eine modifizierte Version, den Last Ads Click. Eine Conversion wird dabei immer dem letzten Ads Klick zugeordnet, egal welche von Ads unabhängigen Interaktionen noch im Anschluss stattgefunden haben. Auch die meisten anderen Werbeplattformen verwenden analog dazu eigene Messverfahren, die mit der Last Ads Click Methode vergleichbar sind. 

2. First-Click Attribution

First Click AttributionDie gesamte Conversion wird analog zur Last-Click Attribution dem Kanal mit der ersten Interaktion zugeordnet, da dieser den Kontakt hergestellt hat.

3. Lineare Attribution

Lineare AttributionBei dieser Attributionsmethode werden Conversions zu gleichen Anteilen allen beteiligten Kanälen zugeordnet.

4. Time-Decay Attribution

Time Decay AttributionDer Anteil einer Conversion, der einem Kanal zugeordnet wird, steigt, je näher die Interaktion an den Zeitpunkt der tatsächlichen Conversion heranrückt. Die letzte Interaktion bekommt demnach den größten Anteil ab. Wie die Anteile verteilt werden, kann dabei individuell bestimmt werden.

5. Position-Based Attribution

Position Based (Bath-Tube) Attribution

Bei diesem Attributionsmodell kann die Verteilung individuell bestimmt werden. Der Vorteil dieses Modells ist daher, dass die Verteilung stark auf den Kunden zugeschnitten werden kann. Zur Auswahl eines geeigneten positions­basierten Modells ist daher eine intensive vorherige Analyse notwendig.

Das bekannteste positionsbasierte Modell ist das sogenannte Bath-Tube Modell (siehe Abbildung), bei dem der ersten und der letzten Interaktion ein deutlich größerer Anteil zugewiesen werden (in der Abbildung jeweils 40%) und der übrige Rest auf die mittleren Interaktionen verteilt wird.

Die hier vorgestellten statischen Attributionsmodelle eignen sich sehr gut als Ausgangspunkt für ein Modell, das die individuellen Gegebenheiten des Unternehmens besser widerspiegelt. Eine häufig verwendete Kombination ist ein Bath-Tube Ansatz kombiniert mit einer Time-Decay Attribution. Dabei werden der ersten und der letzten Interaktion feste Anteile zugewiesen und der Rest in Form eines Time-Decay Modells auf die mittleren Interaktionen aufgeteilt. 

Lookback Window

Ein wichtiger Faktor bei der Betrachtung der Customer Journey ist der betrachtete Zeitraum – das sogenannte Lookback Window. Dieses muss nach einer Beurteilung der Dauer des typischen Kaufzyklus individuell festgelegt und anschließend konsistent beibehalten werden. Eine übliche Dauer sind 30 Tage, auch bis zu 90 Tage sind in Einzelfällen möglich.

Ob 30 Tage tatsächlich ausreichend sind, ist unklar: Eine Analyse von über 17 Millionen Conversions bei über 250 Anzeigenkunden aus dem Jahr 2008 kommt zu dem Schluss, dass die durchschnittliche Anzahl an Interaktionen mit der Website des Werbetreibenden innerhalb von 90 Tagen (18,5) deutlich über dem Wert von 30 Tagen liegt (13,8), die durchschnittliche Anzahl an Tagen vor einer Conversion allerdings von Branche zu Branche sehr stark variiert. 

Mögliche Erweiterungen

Eine weitere, mögliche Erweiterung zur Bewertung der Einflüsse ist eine zusätzliche und individuelle Gewichtung der Kanäle: So könnte Interaktionen, die über Direktzugriffe zustande gekommen sind, grundsätzlich ein um einen festgelegten Faktor verringerter Wert zugewiesen werden. Auch Kanäle, bei denen aufgrund von qualitativen Aspekten oder aus dem Kontext der Kampagne heraus von einem größeren Effekt ausgegangen werden kann, können auf diese Weise eine höhere Gewichtung erhalten.

Probleme und Herausforderungen

Eine weitere Herausforderung für Attributionsmodelle stellen die Grenzen des Tracking innerhalb des Internets dar.

Genannt sei hier beispielsweise eine Problematik, die sich durch die Plattformen Ebay oder vor allem Amazon ergeben. Viele Händler nutzen diese Portale aufgrund ihrer hohen Reichweite erfolgreich als weiteren Absatzkanal im Online Marketing. Tatsächlich bieten diese Plattformen für Kunden einige entscheidende Vorteile:

1.Aufwand: Es ist keine erneute Registrierung in einem separaten Web-Shop notwendig.

2.Lieferzeit: Gerade Amazon ist für schnelle Lieferungen bekannt und bieten mit Amazon Prime zusätzlich eine für Abonnenten kostenfreie Lieferung innerhalb von 24 Stunden.

3.Sicherheit / Vertrauen: Der sensible Umgang mit Zahlungsmitteln und die unproblematischen und kulanten Rücksendemöglichkeiten sind ein wich­tiges und häufig unterschätztes Argument für einen Kaufabschluss. Viele Online Shops versuchen das fehlende Vertrauen bei Neukunden durch den Erwerb von Gütesiegeln (z.B. Trusted Shops, TÜV, EHI oder Google Trusted Stores) zu kompensieren. Zwar sind positive Effekte durch Gütesiegel anzunehmen, ob diese die dabei entstehenden Gebühren decken, müsste untersucht werden und ist von Gesamtumsatz und Branche abhängig.

Die genannten Vorteile führen in vielen Fällen zu dem Verhalten, dass in der nachfolgenden Abbildung dargestellt ist.

Multi Channel Problematik bei Amazon

Viele Benutzer neigen dazu, sich bei spezialisierten Shops zu informieren und den Kauf anschließend beispielsweise auf Amazon abzuschließen. Doch da Verkäufe und Besuche dort unabhängig vom eigenen Web-Shop durchgeführt werden, wird eine vollständige Erfassung der Customer Journey an dieser Stelle unmöglich. Zwar kann es, je nach Mitbewerberdichte und Präsenz des Händlers auf Amazon.de, sogar durchaus möglich sein, dass beim gleichen Betreiber eingekauft wird – ein Zusammenhang mit dem Besuch auf dem Web-Shop kann jedoch vom Werbetreibenden nicht mehr hergestellt werden.

Als Folge kann auch hier und trotz erfolgreich implementierter Multi-Channel Attribution die Rentabilität eines Kanals fälschlicherweise infrage gestellt werden.

Geräteübergreifende Attribution

Neben nicht messbaren Verkaufsplattformen gibt es noch ein weiteres Problem, dessen Auswirkungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist: Während es früher üblich war, ein einziges Endgerät zu verwenden, verwenden Benutzer inzwischen eine Vielzahl an Geräten, wie beispielsweise Smartphones, Tablets, Laptops und gegebenenfalls auch einen separater Computer am Arbeitsplatz.

Das Nutzerverhalten – und damit auch die Erwartungen, die an die Interaktion bei verschiedenen Endgeräten gestellt werden sollten – können je nach Endgerät allerdings sehr unterschiedlich sein. So ist es beispielsweise möglich, dass eine Recherche über ein Smartphone durchgeführt wird, die Transaktion aber an einem Laptop stattfindet. Auch in diesem Fall werden schnell falsche Schlüsse über die Effizienz der mobilen Werbemittel gezogen: Eine Reduzierung der mobilen Werbung könnte auch in diesem Fall einen Rückgang des Umsatzes nach sich ziehen, ohne dass ein Zusammenhang direkt ersichtlich ist.

Das führt dazu, dass bei anscheinend vollständigen Customer Journeys, nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob der Benutzer nicht vorher bereits Kontaktpunkte hatte und durch die Verwendung eines anderen Endgerätes oder auch traditionellen Medien vorgeprägt wurde.

Neben Käufen, die zu einem späteren Zeitpunkt an einem anderen Endgerät im Shop des Werbetreibenden stattfinden, gibt es darüber hinaus noch ein anderes häufiges Muster. So stehen mobile Anzeigen häufig in Verbindung mit Offline bzw. In-Store Einkäufen: Benutzer informieren sich im Geschäft per Mobiltelefon über die Preise der Wettbewerber und nutzen die gewonnenen Informationen als Verhandlungsgrundlage mit dem Händler vor Ort.

Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten sollte Google dieses Problem jedoch lösen können: Durch permanente Logins auf den weit verbreiteten Android Smartphones, dem populären E-Mail Service GMail oder auch dem Web Browser Google Chrome, der nach der Installation inzwischen als erstes nach einem Login über einen vorhandenen Google Account fragt, kann Google geräteübergreifend Informationen über das Nutzerverhalten sammeln und dabei sogar erkennen, welche Interaktionsmuster es bei jedem Nutzer zwischen verschiedenen Endgeräten gibt.

Auch innerhalb des Werbesystems Google Ads weist Google inzwischen mit der Kennzahl geschätzte Conversions darauf hin, dass eine Anzeige wahrscheinlich an mehr Abschlüssen beteiligt ist, als protokolliert wurde. Wie diese Kennzahl berechnet wird, ist allerdings unklar und wird von Google nicht genauer beleuchtet.

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Simon Marqua
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